SCHÖNDENKERIN 7

Die letzte der menschlichen Freiheiten besteht in der Wahl der Einstellung zu den Dingen“ – Viktor Frankl

Es gibt Tage, da plagt man sich so sehr. Mit sich selbst, mit der Umwelt und den Mitmenschen. Da stört der Autofahrer vor dir mit seiner langsamen Fahrweise, der Autofahrer hinter dir mit seiner aufdringlichen Art, der Radiosender mit seinen wenig hilfreichen Informationen und der Schneeregen, der gegen die Scheiben platscht. Es scheint, als hätten sich alle gegen dich verschworen, die Welt ist dunkler und mühsamer. Dabei sind genau solche Tage gut für unser tägliches Ausdauertraining, denn nichts anders sind solche Situationen. Sie sind Herausforderung und Übungsgerät gleichermaßen. Und hier kommt das Bild zur Theorie:

Ich erinnere mich gut an einen Tag in Velden vor mehreren Jahren. Dort fand das alljährliche Kartrennen statt und ich war eingeladen, mitzufahren. Mich hat ehrlicherweise der fahrbare Untersatz angelockt und mit den Begleiterscheinungen diverser Prominentenauftritte würde ich schon fertigwerden – dachte ich. Und schon stapfte ich mit mehreren „Promis“, vielen Medien und den Veranstaltern an der Seite von Gery Friedle (DJ Ötzi) zwischen Absperrgittern zur Streckenbegehung. Es wurde immer enger und schließlich war es ein wirres Gedränge zwischen uns und den Fans. Gery nahm mich an den Schultern und sagt, komm Mädl, das machen wir gemeinsam. Es war die Zeit in der er mit „Hey Baby“ die Charts anführte und schon wurde der Song von der riesigen, nicht mehr ganz nüchternen Menschenmenge gegrölt. Und hinter uns drängten etwa 30 Kamerateams. Irgendwie war das beklemmend und die Situation schien zu eskalieren. Mir war auch nicht klar, wer hinter und wer vor den Gittern war. Da ging Gery auf die Fans zu und hat mit ihnen gesungen. Nach wenigen Takten war alles gut. Die Leute waren zufrieden und wir konnten weiter. Damals habe ich ihn gefragt, wie er das erträgt, denn solch ein permanenter und aufdringlicher Rummel um die eigene Person ist nur schwer auszuhalten. Und dann sagte er einen Satz, der mir bis heute in Erinnerung geblieben ist: „Das hast du nicht irgendwann verstanden wie du damit umgehst und plötzlich kannst du es. Nein. Dafür entscheidest du dich jeden Tag aufs Neue.“

Das meinte ich eingangs mit dem Ausdauertraining. Die Übung für einen guten zwischenmenschlichen Umgang fällt einem zwar irgendwann leichter, aber machen muss man sie dennoch. Hier gibts keinen Schalter, der umfällt und dann hat man es verstanden, sondern es ist eine ewige Übung.

Also nimmt man Rücksicht auf den Vordermann, ignoriert den hinter einem, wartet auf einen Song im Radio, den man mag und freut sich über den Schneeregen, der nur auf die Scheibe klatscht und nicht dir ins Gesicht. Diese Denkweise ist oft eine Herausforderung, aber letztlich eure Entscheidung. Und ihr habt immer die Wahl, das Leben leichter zu nehmen.

By |2018-12-09T14:00:42+00:00Dezember 9th, 2018|Denken|0 Comments

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